website security Nachruf Otto Leibl
Otto Leibl +
otto_leibl_2007.

Der Oberurseler Theologe und Religionsphilosoph Otto Leibl ist am 19. Januar 2009, im Alter von 61 Jahren in einem Münchner Krankenhaus gestorben. Er erlag einem schweren Krebsleiden. Der Verstorbene hatte 1991 zusammen mit dem Organisten Karl Klinke die "Oberurseler Literarischen Konzerte (OLK)" gegründet und wurde durch zahlreiche öffentliche Aufführungen bekannt, die als Mischung aus Musik, Kunst und Literatur ein großes Publikum anlockten und Leibl einen klangvollen Namen unter den religiösen Performance-Künstlern des Rhein-Main-Gebietes gab. Zusammen mit dem Oberurseler Maler und Bildhauer Georg Hieronymi und anderen schuf er Kunstwerke von bleibender Schönheit, die er zunächst im Garten seines Hauses im Eichwäldchen, später nach Umzug ins Rosengärtchen an öffentlichen Plätzen der Stadt aufstellen ließ.
So steht eine 1980 gegossene bronzene Christkönigsstele in einem zusammen mit Pfarrer Peter Hofacker entworfenen Marien-Labyrith seit November 2007 auf dem Gelände der katholischen Oberurseler Liebfrauenkirche. Ein Jahr später wurde auf dem Kirchplatz von St. Ursula in Oberursel die 2001 von dem Wehrheimer Schmied Gottfried Ellinger nach Leibls Plänen angefertigte Eisenskulptur "Schubert-Quintett" aufgestellt. Das Schubert-Quintett stand auch im Mittelpunkt von Leibls letzter Veranstaltung am 16. November in der St. Ursula-Kirche. Es spielte ein Quintett des Frankfurter Opernhauses. Leibl, schon deutlich von der Krankheit gezeichnet, rezitierte noch mit kraftvoller Stimme aus Gertrud von le Forts "Hymnen an die Kirche".
Otto Leibl, Jahrgang 1947, stammt aus Ingolstadt, ging in Frankfurt am Main und Oberursel zur Schule und machte 1966 am Oberurseler Gymnasium Abitur. Er studierte in Frankfurt am Main Katholische Theologie und Religionsphilosophie, Deutsche Philologie und Musik- und Kunstwissenschaften, schloss mit einem Magisterexamen in Katholischer Theologie ab, war Mitarbeiter und wissenschaftlicher Assistent an den theologischen Fachbereichen der Frankfurter und Augsburger Universität und publizierte in Zeitungen und Fachzeitschriften.
Unvergessen sind Leibls "Oberurseler Brunnenkonzerte" mit Chören, Jazz- und Popinterpreten, Kammermusik und Trommelklängen. Gerne sprach er von den Türmen der Christus- und St. Ursula-Kirche zu den Menschen und rezitierte Jean Pauls "Rede des toten Christus vom Weltgebäude herab". Pfarrer Willi Hief und Pfarrer Reiner Göpfert öffneten ihm die evangelische Christuskirche für besonders stimm- und klangstarke Installationen, Pfarrer Peter Hofacker die katholischen Kirchen St. Ursula und Liebfrauen. Bürgermeister Gerd Krämer und Landrat Jürgen Banzer waren Schirmherren seiner Ausstellungen und Konzerte. 1999 stellte er im Oberurseler Rathaus den Denkmalentwurf "Konfigurationen" vor, den er vor der Frankfurter Oper auf dem Willy-Brandt-Platz verwirklichen wollte. Doch daraus wurde nichts, wie aus so manchem, das er noch plante und für das er sich mit seinem Privatvermögen engagierte.
Otto Leibl hinterlässt eine 1977 geborene Tochter, Maria, die Ärztin in München ist. Sie war zusammen mit Freunden an seiner Seite, als er starb. Viele Weggefährten hatten ihm geschrieben, ihn angerufen und besucht, bevor er von der Spezialklinik in Bad Trissl, in die ihn seine Tochter holte, ins Münchner Klinikum rechts der Isar verlegt werden musste.
Eine Gedenkfeier mit Urnenbeisetzung fand am 10. Februar 2009 auf dem Oberurseler Hauptfriedhof unter großer Anteilnahme von Freunden und Verwandten statt.

Christusthron AufstellungChristusthron Leibl in Westerburg Mai 2016

Leibl-Kunstwerk „Christusthron“, ein ca. vier Meter hoher „Stuhl“, der bewusst unbesetzt ist. Er stand im Garten des Anwesens der Familie Leibl im Eichwäldchen in Oberstedten. Nach jahrelanger Suche fand sich im Mai 2016 ein würdiger Aufstellort vor dem neuen Pfarrbüro der Großgemeinde Liebfrauen in Westerburg (Westerwaldkreis, Rheinland-Pfalz).

Nachruf von Pfarrer Peter Hofacker
Nach einer schweren Krankheit verstarb am Montag, den 19. Januar 2009 der Religionsphilosoph und Theologe Otto Leibl. Versehen mit den Sakramenten der Kirche trat er seinen Weg zum gütigen Vater an.
Der Gründer der OLK - "Oberurseler Literarischen Konzerte" und Freund der katholischen Gemeinden ist vielen Oberurselern durch seine Vielzahl von Konzerten und künstlerischen Aktivitäten bekannt. "Sein Testament" für Oberusel wurde so das "Schubert-Quintett", das vor der St. Ursula Kirche aufgestellte Kunstwerk. Dieses Kunstwerk wurde durch ein besonderes Konzert am 16. November 2008 gewürdigt, an dem Otto Leibl - schon an der Krankheit leidend - seinen letzten Tag in Oberursel verbrachte.

"Denn wohin soll ich mich wenden, wenn der mächtige Schlaf kommt, und wo soll ich Obdach suchen, wenn er sie aus ihrem Zelt treibt. ... Ich will euer Herz zur Freiheit aufrichten wider alle Sklaven der Vernunft! Die Glühenden will ich annehmen, und die Entsagenden will ich verschmähen! Ich will den Liebenden Recht geben im Antlitz der Vernichtung: ich will sie auf den Thron des ewigen Lebens setzen!"
("Hymnen an die Kirche", Gertrud von le Fort)

Otto Leibl war ein Glühender. Möge er nun in Frieden ruhen.

Lesung Otto LeiblOtto Literrarische KonzerteOtto Leibl Führung in Frankfurt


Otto Leibl liebte Inszenierungen. Er gab Lesungen auf der Terrasse seiner Wohnung in Oberursel (oberes Bild), gestaltete Literarische Konzerte in Kirchen, hier der Christuskirche in Oberursel, und gestaltete Stadtführungen durch Frankfurt für seine Freunde. Fotos: Alexander Strupp

Kunstwerk „Schubert-Quintett“ von Otto Leibl
Seit Anfang Oktober 2008 wird der Kirchplatz vor der St.Ursula Kirche in Oberursel durch ein neues Kunstwerk bereichert.
Es handelt sich um eine Eisenskulptur des Theologen und Religionsphilosophen Otto Leibl. M.A. und trägt den Titel „Schubert-Quintett“.
Die Scheibe, symbolisch Ganzheit und Vollkommenheit darstellend, tritt fragmentarisch in Erscheinung. Die drei herausgelösten Teile sind jedoch nicht verlorengegangen, sondern dienen dem Hauptteil als Basis.
Damit wird der Grundgedanke, der hinter dem Kunstwerk steht, ausgedrückt: Der Mensch kann sich in jeglicher Situation auf Gott verlassen, selbst, wenn er ferne zu sein scheint – denn: Von Gott geht sein universaler Wille zum Heil für alle Menschen aus („Voluntas salvifica universalis Dei“). Oder, um es – etwas frei – und aus der entgegengesetzten Perspektive aus mit Paulus` Worten zu sagen: „… und wenn alle mir abraten würden von Gott, ich halte an ihm fest.“
Dieser Grundgedanke findet auch in anderen Kunstrichtungen seinen Niederschlag. So gibt es in der Literatur viele Beispiele dafür. Der bedeutende deutsche Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock formulierte „O glaube, mein Herz o glaube. Es geht dir nichts verloren! O glaube, Du warst nicht umsonst geboren! Hast nicht umsonst gelebt, gelitten!“ Und Samuel Rodigosts bekanntes Kirchenlied „Was Gott tut, das ist wohl getan… er wird mich nicht betrügen“ greift den Gedanken des Gottvertrauens ebenfalls auf.
Aber auch musikalische Bezüge zum Grundgedanken des Vertrauens in Gottes Heilswillen gibt es viele.
So bezieht sich auch der Titel der Scheibe auf ein Musikstück von Franz Schubert. Das gleichnamige Streichquintett zeigt dahingehend Parallelen mit der Skulptur, indem es eine lediglich erahnbare Melodie erkennen lässt. Die Schönheit und die Aussage tritt nicht in Erscheinung durch Aufdringlichkeit und Positivität, sondern durch Auslassung.
Die feierliche Einweihung des „Schubert-Quintett“ durch Pfarrer Peter Hofacker fand am 19. Oktober 2008 statt. In der Fortsetzung der schon bekannten Turmrufe rezitierte Otto Leibl am 16. November 2008 in der St. Ursula Kirche aus den „Hymnen an die Kirche“ von Gertrud von le Fort. Zu Beginn der Veranstaltung kam das Titelwerk von Schubert in C-Dur, op. posth. 163, D 956 (1828) zur Aufführung. Es musizierte ein Quintett der Musikhochschule Frankfurt und des Museumsorchesters. Den Abschluss des Abends bildete Karl Klinke an der Orgel mit eigenen Improvisationen, sowie „L`apparition de l` église éternelle“ von Olivier Messiaen. Der tropfende Eisblock vor dem Altar lud dazu ein, die Kälte im Menschen selbst zum Schmelzen zu bringen und dadurch die Welt warm zu machen.
Jedem Besucher unseres Kirchplatzes, der sich darauf einlässt, wird durch die Skulptur „Schubert-Quintett“ schon beim Betreten des Kirchplatzes vor Augen geführt, dass es für alle, die daran glauben, Gottes Kraft und Liebe und Zusage gibt, dass er für uns alles und alle zusammenhalten wird. Somit erleben wir das Entrée des Kirchplatzes nun als Zusage der Treue Gottes – ein ansteckendes und tröstliches Gefühl stellt sich beim Anblick der Skulptur ein.

Otto Leibl Skulptur Schubert Quintett

Otto Leibl bei der Enthüllung der Skulptur "Schubert-Quintett" auf dem Kirchplatz von St. Ursula mit Pfarrer Peter Hofacker. Foto: Peter Funk

Nachruf von Jürgen Streicher, Frankfurter Rundschau