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Vom 68er und Hippie zum Imam

Zum Tod von Hadayatullah Hübsch


Hadayatullah Hübsch
Hadayatullah Hübsch


Am 8. Januar wäre er 65 Jahre alt geworden, doch der Beat-Lyriker, Underground-Veteran und Publizist Hadayatullah Hübsch ist "am Morgen des 4. Januar 2011” friedlich entschlafen", wie seine Familie mitteilte.

Zur Welt kam Hadayatullah Hübsch unter dem Namen Paul-Gerhard Hübsch am 8. Januar 1946 in Chemnitz. Er wuchs in Laubach (Oberhessen) auf, machte 1966 sein Abitur am Gymnasium in Oberursel, war einer der ersten Kriegsdienstverweigerer und spielte während der Studentenunruhen der 1960 Jahre in Frankfurt eine nicht unbedeutende Rolle. Hübsch war Mitglied der legendären Kommune 1 um Dieter Kunzelmann, Fritz Teufel und Rainer Langhans in Berlin.

Doch anders als seine Kommilitonen hatte er noch anderes im Sinn: Er gründete - er war 22 Jahre alt - in der Frankfurter Bockenheimer Landstr. 87 den legendären "Heidi loves you"-Shop, einen Hippie-Laden, wo Flower Power-Produkte wie Schallplatten, Poster und illegale Raubdrucke von Büchern erhältlich waren. Hübsch orientierte sich damit an dem Laden "Pudding-Exposion" im Frankfurter Holzgraben, den der Objektkünstler Peter Roehr 1966 zusammen mit dem Galeristen Paul Maenz und anderen gegründet hatte und "Psychodelicatessen mit Hippie-Zubehör" anbot: Dieses Ladengeschäft war in Deutschland der erste Laden seiner Art, der von Räucherstäbchen bis zur Peking-Rundschau ein breites Spektrum politischer, spiritueller und ironischer Artikel im Sortiment hatte.

Im "Heidi loves you"-Shop gab es auch LSD, Hasch und andere Drogen unterm Ladentisch, was vor allem den am Main stationierten GIs gefiel. Hübsch war sich selbst ein guter Kunde und landete gelegentlich in der Psychiatrie. Doch 1970 wurde alles anders, als er nach einer Reise nach Marokko zum Islam konvertierte und sich der islamischen Reformbewegung "Ahmadiyya Muslim Jamaat" anschloss.

Produktiver Schreiber
1969 veröffentlichte Hübsch unter seinem richtigen Namen seinen ersten Gedichtsband "Mach was du willst" bei Luchterhand. Es folgten mehr als hundert Bücher mit Lyrik, Prosa, Collagen, Romanen, Essays, Satiren und Sachthemen, vor allem zum Islam und zur Pop- und Rockmusik. Außerdem schrieb er für Tageszeitungen wie Die Welt, taz und Süddeutsche Zeitung. Acht Jahre lang war er freier Mitarbeiter der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", bis er 1979 eine legendäre Kündigung bekam: Er sei "eine außergewöhnliche, jeglichen bürgerlichen Rahmen des Abendlands sprengende Erscheinung."

Darüber hinaus schrieb Hadayatullah Hübsch mehrere Hörspiele und war Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre für den Jugendfunk des hr tätig. Bis zuletzt stand er im Austausch mit jungen, alternativen Literaturszenen wie Social Beat oder Poetry Slam.

Engagement für Literatur und Glauben
Von 1991 bis 1998 war Hadayatullah Hübsch Vorsitzender des Verbands deutscher Schriftsteller (VS) in Hessen und förderte junge Kollegen. Parallel dazu wirkte er als Iman Dschuma in der Nuur-Moschee in Frankfurt- Sachsenhausen und hielt die Freitagspredigt auf Deutsch. Hübsch stand für einen liberalen Islam. Er heiratete nach dem frühen Tod seiner ersten Gattin ein zweites Mal und hinterlässt seine Frau und acht erwachsene Kinder.

Für den hessischen Integrationsminister Jörg-Uwe Hahn hat Hübsch "als Sprecher der islamischen Reformgemeinde Ahmadiyya Muslim Jamaat und einer der prominentesten deutschen Konvertiten" seinen Beitrag zur Integration geleistet. Er habe sich stets für einen liberalen Islam ausgesprochen. "Damit stellte er, wie kaum ein anderer, eine Brücke zwischen den Welten dar", so Minister Hahn.

Aus: hr-online 05.01.2011 (Redaktionell ergänzt)

Mehr zum Thema

Offizielle Homepage Hadayatullah Hübsch
Nachruf in der Frankfurter Neuen Presse am 5. Januar 2011
Nachruf Frankfurter Rundschau 6. Januar 2011
Nachruf FAZ vom 06. Januar 2011

Video von der Beisetzung

Traueranzeige Hadayatullah Hübsch
Aus: Frankfurter Rundschau, 07.01.2011, Seite R 13

Traueranzeige Hübsch Freunde

Aus: Frankfurter Rundschau, 13.01.2011

Die Publizistin Khola Maryam Hübsch, Tochter von Hadayatullah, hat
viele Erinnerungen an ihren Vater gesammelt.